Mit Jetlag in den nächsten Tag




Aus dem Arzttermin wurde dann doch nichts, da wir den anscheinend für unseren halbjährigen
Aufenthalt nicht brauchen. Stattdessen machten wir uns bereit, uns um diverse Unterlagen für das Visum zu kümmern. Auf dem Weg in die Stadt frühstückten wir im Auto „Granola“ (gemischtes Müsli aus eigener Herstellung) auf der Hand. Eine Schweinerei! Dabei drückte ich wie ein kleines Kind meine Nase an der Scheibe platt, um alle Eindrücke in mich aufzusaugen. Die holprigen Straßen, die laut hupenden Autos, die neuen Gerüche von Staub, Essen und dicker Luft, die kleinen braunen Häuschen mit den roten Dächern und den schwarzen verschnörkelten Toren, die Palmen und andere Bäume mit vielen unbekannten Früchten, die Menschen, die um die Autos herumlaufen, um Früchte oder Brot zu verkaufen. Es ist wirklich eine komplett andere Welt.

Maria José del pino, unsere Leiterin hier, half uns mit den ganzen Dokumenten, die wir in der Stadt zu beantragen hatten, und wir beide sind wirklich so heilfroh sie zu haben, denn ohne sie hätten wir es nicht mal ansatzweise so weit geschafft, wie heute. Wir waren heut in gefühlt 50 verschiedenen Gebäuden. Auch in diesen ist alles ganz anders, als wir es von Deutschland kennen. Die Wände sind heruntergekommen, die Tische verstreut mit den unterschiedlichsten Dingen, bunte Vorhänge hängen an den kahlen Fenstern, und manchmal lief im Hintergrund noch ein uralter Fernseher, was das ganze sehr inoffiziell wirken lässt. Umso mehr fühlten Myriam und ich uns wieder zurück nach Hause versetzt, als wir uns in ein relativ europäisches Restaurant setzten, wo wir uns erstmal einen frischgepressten Orangensaft und ein Brötchen gefüllt mit Käse (anscheinend typisch für das Land) holten. Danach noch ein Stopp in einem der Supermärkte. Da auch dieser sehr heruntergekommen war, staunten wir nicht schlecht, als wir Oreos mit Vanillegeschmack und noch besser; Haribos fanden! Natürlich wurden direkt ein paar Scheine gezückt und einige der Produkte eingepackt.
Der restliche Tag verlief sehr anstrengend, wir fuhren und liefen sehr viel herum, um alle Dokumente, die wir brauchten, zusammenzubekommen; was wirklich sehr witzig ablief! Wenn wir uns in ein Gebäude wie zum Beispiel die Bank begaben, zogen Myriam und ich jeweils einen Zettel mit einer Nummer am Automaten. Da wir beide deswegen an zwei unterschiedlichen Schaltern standen, lief Maria José wie ein aufgescheuchtes Huhn zwischen uns hin und her, um den Angestellten zu übersetzen, was wir denn zu beantragen hatten. Manchmal verschwand sie auch einfach auf unerklärlicher Weise oder verquatschte sich mit einem ihrer vielen Bekannten im ganzen Umfeld.
Auf unserer To-Do-Liste stand noch das WLAN, aber wie ihr ja seht (beziehungsweise nicht seht), haben wir das leider nicht geschafft und wir mussten vorerst alternativ mit einem Internet-Café vorliebnehmen. Der einzige Anbieter, dessen Verbindung für unseren Ort reichen würde, hat tatsächlich bis Ende August keine Router mehr zur Verfügung! Sowas wäre in Deutschland unvorstellbar.
Am selben Tag ging es nochmal zur Tankstelle, was mich sehr wunderte, da wir schon gestern getankt hatten. Hier ist es allerdings so, dass man Gas tankt, da es viel günstiger ist, und zum Tanken müssen alle aus dem Wagen steigen. Es ist nämlich verständlicherweise viel zu gefährlich, im Falle einer Explosion drinnen zu sitzen. Das Tanken übernimmt dann extra ein Angestellter für den Fahrer. Auch ein neuer Schock für mich!
Im Verlaufe dieses Tages habe ich eine Sache erkannt: die Südamerikaner essen wirklich sehr sehr sehr süß. Es gibt hier nicht einmal irgendwelche herzhaften Brotaufstriche. Stattdessen gibt es „dulce de leche“, ein sehr süßer karamellähnlicher Brotaufstrich von den verschiedensten Marken. Auch die Soßen, wovor ich noch gewarnt wurde, wie scharf sie seien, schmecken eher süßlich. Das erklärt auch, wieso Diego, einer der Mitarbeiter das Gesicht verzog, nachdem er sich einen Zahnpflegekaugummi mit Minzgeschmack, den ich ihm angeboten hatte in den Mund schob.
Am Abend besuchten wir noch in einem sehr europäischen großen Supermarkt, wo ich begeistert viele meiner Lieblingsprodukte wiederfinden konnte. Doch auch dort nirgendwo weit und breit irgendein Brotaufstrich. Nutella gibt es dort auch, kostet aber 95Bs (9,50€!!!).
Die Leute, die mich kennen, wissen, dass ich ein richtiger Säfte Trinker bin und ja, ich habe mir natürlich gleich ein 3Liter-Getränk geschnappt, was sich aber dann später eher nach einem putzmittel-ähnlichen Gesöff entpuppte. Grapefruitsaft: ohne Kohlensäure + ohne der natürlichen Säure der Frucht? Unvorstellbar. Es scheint, als würden die Bolivianer in jedes einzelne Produkt erstmal ein halbes, achwas ein ganzes Kilo Zucker reinschütten. Naja, wer weiß, vielleicht werden sich meine Geschmacksknospen ja daran gewöhnen und ich werde, wenn ich zurück bin, all diese Produkte vermissen! Jetzt erstmal heißt es für uns: Buenos Noches!

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