Mit Jetlag in den nächsten Tag
Aus dem Arzttermin wurde dann doch nichts, da wir den anscheinend für unseren halbjährigen
Aufenthalt nicht brauchen. Stattdessen machten wir uns
bereit, uns um diverse Unterlagen für das Visum zu kümmern. Auf dem Weg in die
Stadt frühstückten wir im Auto „Granola“ (gemischtes Müsli aus eigener
Herstellung) auf der Hand. Eine Schweinerei! Dabei drückte ich wie ein kleines
Kind meine Nase an der Scheibe platt, um alle Eindrücke in mich aufzusaugen.
Die holprigen Straßen, die laut hupenden Autos, die neuen Gerüche von Staub,
Essen und dicker Luft, die kleinen braunen Häuschen mit den roten Dächern und
den schwarzen verschnörkelten Toren, die Palmen und andere Bäume mit vielen
unbekannten Früchten, die Menschen, die um die Autos herumlaufen, um Früchte
oder Brot zu verkaufen. Es ist wirklich eine komplett andere Welt. 
Der restliche Tag verlief sehr anstrengend, wir fuhren und
liefen sehr viel herum, um alle Dokumente, die wir brauchten,
zusammenzubekommen; was wirklich sehr witzig ablief! Wenn wir uns in ein
Gebäude wie zum Beispiel die Bank begaben, zogen Myriam und ich jeweils einen
Zettel mit einer Nummer am Automaten. Da wir beide deswegen an zwei
unterschiedlichen Schaltern standen, lief Maria José wie ein aufgescheuchtes
Huhn zwischen uns hin und her, um den Angestellten zu übersetzen, was wir denn
zu beantragen hatten. Manchmal verschwand sie auch einfach auf unerklärlicher
Weise oder verquatschte sich mit einem ihrer vielen Bekannten im ganzen Umfeld.
Auf unserer To-Do-Liste stand noch das WLAN, aber wie ihr ja
seht (beziehungsweise nicht seht), haben wir das leider nicht geschafft und wir
mussten vorerst alternativ mit einem Internet-Café vorliebnehmen. Der einzige
Anbieter, dessen Verbindung für unseren Ort reichen würde, hat tatsächlich bis
Ende August keine Router mehr zur Verfügung! Sowas wäre in Deutschland
unvorstellbar.
Am selben Tag ging es nochmal zur Tankstelle, was mich sehr
wunderte, da wir schon gestern getankt hatten. Hier ist es allerdings so, dass
man Gas tankt, da es viel günstiger ist, und zum Tanken müssen alle aus dem
Wagen steigen. Es ist nämlich verständlicherweise viel zu gefährlich, im Falle
einer Explosion drinnen zu sitzen. Das Tanken übernimmt dann extra ein
Angestellter für den Fahrer. Auch ein neuer Schock für mich!
Im Verlaufe dieses Tages habe ich eine Sache erkannt: die
Südamerikaner essen wirklich sehr sehr sehr süß. Es gibt hier nicht einmal
irgendwelche herzhaften Brotaufstriche. Stattdessen gibt es „dulce de leche“,
ein sehr süßer karamellähnlicher Brotaufstrich von den verschiedensten Marken.
Auch die Soßen, wovor ich noch gewarnt wurde, wie scharf sie seien, schmecken
eher süßlich. Das erklärt auch, wieso Diego, einer der Mitarbeiter das Gesicht
verzog, nachdem er sich einen Zahnpflegekaugummi mit Minzgeschmack, den ich ihm
angeboten hatte in den Mund schob.
Am Abend besuchten wir noch in einem sehr europäischen
großen Supermarkt, wo ich begeistert viele meiner Lieblingsprodukte
wiederfinden konnte. Doch auch dort nirgendwo weit und breit irgendein
Brotaufstrich. Nutella gibt es dort auch, kostet aber 95Bs (9,50€!!!).
Die Leute, die mich kennen,
wissen, dass ich ein richtiger Säfte Trinker bin und ja, ich habe mir natürlich
gleich ein 3Liter-Getränk geschnappt, was sich aber dann später eher nach einem
putzmittel-ähnlichen Gesöff entpuppte. Grapefruitsaft:
ohne Kohlensäure + ohne der natürlichen Säure der Frucht? Unvorstellbar. Es
scheint, als würden die Bolivianer in jedes einzelne Produkt erstmal ein
halbes, achwas ein ganzes Kilo Zucker reinschütten. Naja, wer weiß, vielleicht
werden sich meine Geschmacksknospen ja daran gewöhnen und ich werde, wenn ich
zurück bin, all diese Produkte vermissen! Jetzt erstmal heißt es für uns:
Buenos Noches!
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