Ins Gefängnis



Keine Angst Leute, ich habe weder irgendwas verbrochen noch irgend eine andere Kleinigkeit ausgefressen! Anders als sonst immer im Monopoly, war ich diesmal „nur zu Besuch“ dort, und jeder, der sich jetzt eine Vorstellung von einem lateinamerikanischen Gefängnis macht, ohne dort jemals einmal gewesen zu sein, liegt automatisch falsch!
Vielleicht haben ja die ein oder anderen schon einmal einen Utopia-Film geschaut, in dem Menschen isoliert von der wirklichen Welt in einem abgetrennten Part der Welt leben. Ungefähr so kann man sich das in diesen Gefängnissen vorstellen.
Früh am Morgen (okay, wollten wir eigentlich da sein) ging es auch schon los, wir bekamen wieder mal eine Sonderbehandlung bei der Polizei, die uns direkt durch die dicken, hohen Mauern reinließ. Nach der Sicherheitskontrolle und einigen Stempeln später, inklusive der Abgabe meines Passes (😔), befanden wir uns auch schon im ersten Distrikt, dem Distrikt der Frauen.
Man kann sich das ganze wie eine kleine Stadt vorstellen, nur eben begrenzt. Die Leute dort können sich Geld verdienen, indem sie arbeiten und sich immer weiter hocharbeiten. Wenn man Glück hat, besitzt man irgendwann einen Kiosk und kann Dinge an andere Sträflinge verkaufen. Die Leute, die auch mal Besuch von ihrer Familie bekommen, wenn sie denn eine haben, haben das Glück Geld von ihnen zu bekommen, um sich diverse Dinge zu kaufen. Auch Wohnungen kann man hier kaufen, und da hängt es wieder davon ab, wie viel Geld man hat, um sich welchen „Luxus“ leisten zu können.
Als ich das erste Mal das Distrikt betrat, hatte ich eigentlich was komplett anderes erwartet, als eine scheinbar gerade steigende Party. Laute Musik, Essensstände, Leute auf ihren Terrassen essend, lautes Gelächter, Duft von Essen… Und die verschiedensten gemischten Frauen, die ich je gesehen habe auf einem Fleck.
Wir gingen dort in eine der 4 Gemeinden, die beeindruckender Weise sehr imposant erbaut ist und als ich danach das von den Sträflingen gekochte Essen mit Panorama-Blick auf die Stacheldraht-Mauer aß, konnte ich ironischerweise sogar sagen, dass dies einer der leckersten Mahlzeiten hier in meinem bisherigen Aufenthalt in Bolivien war.
Der zweite Distrikt war der Distrikt der Männer, und eigentlich hatte ich im Vorhinein befürchtet, dass unser Besuch wie ein Besuch im Zoo wirken könnte. Allerdings waren wir der Zoo, denn als wir das Distrikt betraten, wurden wir von lautem Grölen, vielfachen Blicken und auf uns zu stürmenden Männer begrüßt. Am schlimmsten war es in dem extra erbauten Fußballstadium der Männer, wo sich dann auch noch einer der Sträflinge bei einem unserer Begleiter erkundigte, wie viel ich für eine Nacht kosten würde.
Hier im Gefängnis ist es nämlich so, dass Männlein und Weiblein, die ihre Zeit in getrennten Zellen absitzen, sich gegenseitig inoffiziell für eine Nacht besuchen können, natürlich nur gegen eine hohe Summe von Geld. Dankend lehnte ich ab und flüchtete mit den anderen in die zweite Gemeinde dieses Distriktes.
Als wir dann endlich den Distrikt verließen, ging es in den letzten Bereich, der von allen am Isoliertesten war. Dieser Part ist unter anderem auch für Frauen und Männer, die transsexuell sind, und ich muss zugeben, dass ich den Überblick verloren habe, ob da jetzt nur Männer waren oder auch Frauen. Auch dort fand wieder ein Gottesdienst statt, und der Kontrast zu den grölenden Leuten draußen zu den drinnen andächtig sitzenden Menschen, die sich sogar das ein oder andere Mal eine Träne von der Wange wischten, war enorm. Man hat dort so gut wie noch nie gemerkt, was für einen Trost Gott in dem Leben der Menschen in solchen Situationen spenden kann. Und genau das haben wir versucht im Gottesdienst mitzuteilen. Dass es nichts macht, was sie in der Vergangenheit gemacht haben, weil Gott sie immer so annimmt wie sie sind. Für viele Leute hat es sicherlich einen Grund, dass sie im Gefängnis sind, denn für viele hat sich ihr Leben, wie sie sagten, dadurch sogar zum Positiven verändert.
Diesen Tag werde ich sicher nicht vergessen...

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